Kategorie: Shibaribegriffe Seite 2 von 4

Kanejaku

Kanejaku (曲尺) ist eine traditionelle japanische Masseinheit. Sie wird heute Im Alltag kaum verwendet, seit das metrische System eingeführt ist. Ein Shaku sind ca 30,3 cm, damit ist es etwa so lang wie ein Fuss. Im Shibari kommt ein Shaku zum Beispiel beim Shakuhachi-Muster vor.

Der „normale“ Kanejaku wird alltagssprachlich auch oft nur „Shaku“ (尺) genannt.

Die nächstkleinere Einheit sind Sun (寸). Ein Kanejaku besteht aus zehn Sun.

Kata-ashi kaikyaku

Kata-ashi kaikyaku (片足開脚) ist ein grundlegendes Pattern im Yukimura-Ryû. Es ist eine Newaza-Technik aus dem 4. Kyû. Der Kata-ashi kaikyaku ist eine fortgeschrittene Form, die einiges an Technik und Erfahrung voraussetzt. Sie besteht aus der Yukimura-Handschelle und dem Yukimura-Gote.

Bakushi legt dabei den Körper seitlich ab. Dann fixiert Bakushi das oben liegende Bein am Suspensionspunkt. Auf diese Weise wird das Becken geöffnet, so dass ein subtiles Spiel mit Seilspannung und dem Exponieren von Ukete entsteht. Während Bakushi die Position des Beines variiert, dient das Nawajiri als Kommunikationslinie.

Im Grunde ist der Kata-ashi kaikyaku eine Teilsuspension. Dies wird allerdings oft nicht so wahrgenommen, da der Körper fast vollständig auf dem Boden liegt. Die Formsprache nutzt jedoch aktiv den Suspensionspunkt, um Dreiecke und Diagonale zu zeichnen. Diese spiegeln sich in der Position und Haltung des Beines und des Körpers von Ukete.

Kata-ashi kaikyaku, niedrig, Harukumojuku 2021
Kata-ashi kaikyakue, niedrige Position

Obwohl die Grundhaltung entspannt ist, spielt seme eine Rolle. Bakushi hebt oder senkt die Fussgelenke, und erzeugt so Spannung. Kotobazeme ist ebenfalls ein wichtiger Faktor. Dieses Muster wird oft mit Seilen ausgeführt, die nur 4mm dick sind. So entsteht mehr Druck auf die Stellen, an denen das Seil den Körper berührt und die Impulse durch das Seil werden klarer.

Kata-ashi kaikyaku, hohes Bein, Harukumojuku, 2021
Kata-ashi kaikyaku, hohes Bein

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Pose. Vor allem das obere Bein, das nur am Fussgelenk fixiert ist, spielt eine wichtige Rolle. Die Interaktion zwischen den Partnern muss stimmen, damit anmutige und sinnliche Eindrücke entstehen. Eine Herausforderung dabei ist die nonverbale Kommunikation, die hauptsächlich durch das Nawajiri erfolgt. Das eigene Gefühl richtig zu betonen, so dass das Gegenüber es mit empfindet, ist die Voraussetzung für einen harmonischen Rhythmus.

Kata-ashi-zuri

Kata-ashi-zuri (片足吊り) bedeutet „einbeinige Hängung“. Dies bezeichnet eine Teilsuspension, bei der ein Fuss oder Bein auf dem Boden bleibt. Der Kata-ashi-zuri wird oft als Vorstufe für den Yokozuri verwendet.

Kata-ashi-zuri, Vorbereitung zum Yokozuri. Harukumojuku, 20221
Kata-ashi-zuri, Harukumojuku 2021

Dieses Muster ist ein wichtiger Bestandteil des 5. Kyû im Osada-Ryû. Die Hauptlast ist auf dem Oberkörperseil, während ein Fuss auf dem Boden steht. Ukete kann so selbst spüren, ob die Oberkörperlagen richtig sitzen, ausserdem kann Ukete den zweiten Fuss selbst anheben und die Suspension testen.

Bakushi kann viele verschiedene Bilder erzeugen, noch bevor die volle Suspension beginnt. Der Kata-ashi-zuri bietet damit eine Vielfalt, die nur wenige andere Muster haben.

Das Muster ist modular, das heisst, die einzelnen Suspension-Seile sind unabhängig voneinander. Das erhöht die Sicherheit, da so jede kritische Stelle jederzeit zugänglich ist.

Die Seile und der Körper formen gegenläufige Dreiecke. Diese Symmetrie zwischen Körper und Seil schafft eine ästhetische Verbindung zwischen beiden Welten. Der Reiz dieses Musters besteht in diesem Spiel mit Symmetrie, Formen und der Kombination von Körper, Seil und Kleidung.

Der Kata-ashi-zuri kann sowohl an einem fixen Suspensionspunkt (zum Beispiel einem Ring) gemacht werden, als auch an einem Bambus.

Bei einem Suspensionspunkt bilden die Seile zwischen Oberkörper, Oberschenkel und Suspensionpoint die obere Hälfte eines Hishi. Die untere Spitze des Hishi ist der Fuss am Boden und die Ansatzpunkte der Seile an Oberkörper und Oberschenkel bilden die horizontalen Punkte.

Kata-ashi-zuri, K2-Salon, 2016
Kata-ashi-zuri, K2-Salon, 2016

Kazari

Kazari (飾り) bedeutet „Schmuck“ oder „Verzierung“. Das ist alles, was in einem Shibari-Muster keine technische Funktion hat. Ein typisches Beispiel sind die Diamanten (Hishi, 菱). Auch das kreative „Verbauen“ des Nawajiri nach Abschluss eines technischen Bestandteils ist ein Kazari.

Verzierungen dürfen niemals das ästhetische Gesamtbild stören. Geschickte Bakushi schaffen es, das Ende des Nawajiri geschickt in das ästhetische Gesamtbild einzufügen.

Osada-Ryû TK mit 3 Seilen und Kazari

Hervorragende Bakushi kreieren spontan ein kreatives und ästhetisch ansprechendes Kazari. Gleichzeitig interagieren sie mit dem Partner. Wie erfahren jemand ist sieht man daran, wie gut beides gleichzeitig gemacht wird.

Um das zu lernen braucht es Erfahrung. Die Grundmuster und Grundtechniken müssen verstanden und beherrscht werden. Wenn ein Bakushi die Logik des Seilflusses versteht, entwickelt sich auch die spontane Kreativität.

Ein Shibarimuster folgt immer der gleichen Struktur. Mit dem Kazari kann man diese Muster variieren und optisch verändern. So entsteht aus denselben Grundtechniken immer etwas neues.

Kemono

Kemono-Shibari (獣縛り) ist eines der grundlegenden Muster im Yukimura-Ryû. Es erinnert an ein gefangenes Tier, dem die Beine zusammengebunden wurden. Es ist eine der klassischen Bodentechniken (Newaza, 寝技). Es wird bereits im Einsteiger-Bereich unterrichtet und wird stetig weiter verfeinert.

Kemono-Shibari, Foto aus einer Lesson mit Yukimura Haruki, 2015, Tokio
Kemono-Shibari aus einer Lesson im Studio von Yukimura Haruki in Ebisu, Tokio im Jahr 2015

Ken

Ken (間) ist ein Längenmass, das etwa 1,81 Metern entspricht. Es ist Teil des traditionellen Shakkanhô-Systems, das aus China stammt und Masseinheiten für Längen, Volumina, Gewichte, Flächen und Geld definiert.

Die Lesung „Ken“ für das Kanji ist sehr selten und wird heutzutage kaum noch verwendet.

Kujirajaku

Kujirajaku (鯨尺) ist ein grösseres Kanejaku. Es wird heute noch benutzt, um zm Beispiel Längen von Yukata und Kimono sowie Hakama zu messen. Es ist ein Mass aus dem Textilgewerbe, das sich an der Länge einer Wal-Barte misst. Kujira bedeutet Wal, die Masseinheit ist also nach dem Tier benannt, dem die Barten entnommen wurden. Diese wurden in der Textilbranche als Ellen verwendet. Das Kujirajaku ist etwa 37,9 cm lang.

Das Kujirajaku ist Teil des japanischen Shakkanhô-Systems und basiert auf chinesischen Masssystemen.

Minarai

Minarai bedeutet „Beim Sehen Lernen“. Diese Technik wird in vielen japanischen Handwerksberufen angewendet. Ein Lehrling beobachtet in der Anfangszeit den Meister, ohne selbst etwas aktiv zu tun. Nur durch das aktive und konzentrierte Zusehen lernt er bereits etwas.

Wenn der Lernende dann zum ersten Mal selbst aktiv etwas tut, hat der Körper bereits ein Gefühl für die richtigen Bewegungen entwickelt. Natürlich können diese Bewegungen noch nicht richtig ausgeführt werden. Doch der Lernende spürt, wie es sich anfühlen müsste, und kann sich selbst besser korrigieren.

Beim Shibari gilt das auch. Wer lange eine erfahrene Person genau beobachtet, kann dadurch sehr viel lernen. Wenn dann aktiv das Seil in die Hand genommen wird, begreift man, wie das alles gemacht wird. Da Shibari oft auf Bühnen und bei privaten Anlässen zu sehen ist, sollte diese Gelegenheit genutzt werden. Fans bestimmter Bakushi reisen zum Teil über weite Strecken an, um jede Gelegenheit zu nutzen, sie zu beobachten. Jede Performance ist eine Chance, Minarai zu machen.

Minarabi: Einem Lehrer zusehen bildet die lernende Person.

Aufmerksames und intensives Zusehen spielt in Japan eine grosse Rolle. Die Verbindung zwischen Auge und Hand überträgt ein Gefühl für die „richtige“ Bewegung. Shibari ist besonders für diese Art des Lernens geeignet, weil es einem eigenen Rhythmus folgt.

Gleichzeitig kann dies jedoch Probleme schaffen. Wenn die Bewegungen zu deutlich und vorhersehbar sind, kann der Bakushi die Ukete nicht überraschen. Auch das (fachunkundige) Publikum kann so im Laufe der Zeit den Stil der Bakushi erkennen. Zum Teil wurden darauf hin Techniken entwickelt, deren Zweck nicht offensichtlich ist, um so das Überraschungsmoment zu erhalten.

Nawajiri

Nawajiri ist der Begriff für den längeren Teil des Seils. Es wird auch als „laufendes Ende“ bezeichnet. Das Nawajiri kann auch das Ende des Seils kurz vor den Knoten sein. Es kann aktiv für die Kommunikation mit dem Modell genutzt werden und spielt eine grosse Rolle als reale und metaphorische Verbindung zwischen dem Bakushi und dem Modell.

Nawajiri - das laufende Ende des Seils.

Die Arbeit mit dem Nawajiri ist ein wesentlicher Teil der Ausbildung. Vor allem im Yukimura-Ryû spielt es eine prominente Rolle. Dieser minimalistische Stil betont die Tension und setzt eine grosse Sensibilität und Erfahrung voraus.

Nijûbishi

Nijûbishi (二重菱) gehören zu eine Gruppe von Shibari-Mustern, die vor allem im Osada-Ryû eine wichtige Rolle spielen. Sie basieren auf dem Hishi, einer Raute. Dieses Symbol ist eine stilisierte Wasserkastanie und kommt auch in der japanischen Heraldik vor. Zahlreiche Familienwappen (Kamon, 家紋) enthalten dieses Symbol und auch im Firmenlogo der Automarke Mitsubishi kommt es vor.

Nijûbishi, Frontansicht

Es gibt zahlreiche Varianten und sie sind vor allem wegen der symmetrischen Form beliebt. Ausserdem zeigen sie das Können eines Bakushi, da eine grosse Geschicklichkeit erforderlich ist. Fingerfertigkeit und die Fähigkeit, gleichzeitig den Kontakt mit dem Partner aufrecht zu erhalten, kommen hier zur vollen Entfaltung.

Die Rückseite ähnelt einem Takatekote, es gibt aber auch Möglichkeiten, Hôjô-Nawa-Techniken einzusetzen. Je nach Konstruktion sind sogar Suspensionen mit diesen Techniken möglich. Wichtig ist hier, dass die Gewichtsverteilung und die Spannung im Seil perfekt abgestimmt sind.

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