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Aibunawa

Aibunawa (愛撫縄) bedeutet „Streichelndes Seil“. Es ist der Gegenbegriff zu Semenawa und ist eines der Kernkonzepte im Yukimury-Ryû. Es beschreibt die Art, wie das Seil eingesetzt wird, nämlich zärtlich und vorsichtig. Das Ziel ist es, Schmerz und unangnehme Empfindungen so weit wie möglich zu reduzieren.

Es geht um sanfte Reize und subtile Interaktionen, so dass sich ein harmonisches Miteinander zwischen Bakushi und Ukete entfaltet. Dabei geht es um ein liebevolles und sanftes Miteinander, das dabei hilft, Sinnlichkeit und tiefe Emotionen hervorzubringen. Dieses Art, Shibari zu machen, ist das Markenzeichen von Yukimura Haruki.

Extreme körperliche Reize wie Schmerz oder starke Kompression spielen keine Rolle. Derart starke Reize übersteuern den intuitiven Ausdruck von Ukete und erzwingen eine Reaktion, während Aibunawa eine Einladung ist, sich zu öffnen.

To me, shibari is an emotional exchange between a man and a woman. That´s unique to Japan – to express love and emotion entirely through the medium of rope. So Shibari is not how you do this tie or that tie, it’s how you use the rope to exchange emotions with another.

Yukimura Haruki

Es kann deutlich schwieriger sein, Aibunawa zu machen als Semenawa. Semenawa erfordert eine klare Führung, und Ukete weiss, was erwartet wird. Die körperliche Herausforderung dabei bewirkt schon viel, und hilft, mental in die richtige Haltung zu gelangen.

Aibunawa lässt jedoch mehr Raum und fordert mehr Kooperation. Es kommt dabei auch sehr auf die Vorlieben von Bakushi und Ukete an, welche Form von Shibari besser funktioniert.

Ambivalenz als Stilmittel

Aibunawa wird generell auch mit weniger Seil und lockerer gefesselt als Semenawa. Dies erlaubt die Illusion, dass eine Flucht aus dem Seil noch möglich ist, während jedoch die subtilen Fähigkeiten des Bakushi Ukete stets weiter führen. Die Hierarchie wird versteckt, nicht aufgehoben oder unterlaufen, und je mehr Ukete begreift, wie unentrinnbar die Situation ist, desto intensiver wird das Erleben.

Aibunawa hat also eine ambivalente Bedeutung und spielt bewusst mit dieser Vieldeutigkeit.

Aisatsu

Aisatsu (挨拶) bedeutet „Begrüßung“. Diese Shibari-Muster sind Aufwärm- und Kennenlern-Übungen, die technisch einfach sind und leicht zu erlernen. Im Osada-Ryû werden definierte Muster eingesetzt, aber mit der richtigen Mischung aus Minimalismus und Konzentration wird jedes Muster zum Aisatsu, zum Beispiel der Heiratsantrag (求婚縛り) oder Einseil-Techniken (一本縄).

Die Aisatsu-Techniken sind eine hervorragende Aufwärmübung. So gelingt der Übergang vom Alltag in die Shibari-Begegnung leichter und Bakushi und Ukete stimmen sich aufeinander ein. Eine kurze Dauer von zehn bis 15 Minuten reicht bereits, um sich mental auf die Shibari-Begegnung oder Lektion einzustimmen.

Diese Techniken haben allerdings mehr als nur eine Funktion. Man kann mit Aisatsu-Techniken auch die Beweglichkeit von Ukete testen oder die Stimmung erkunden. Durch Variationen in der Spannung und der Distanz kann Bakushi verschiedene Angebote machen, auf die Ukete reagiert.

Je nachdem, wie Ukete reagiert, erfolgt der nächste Schritt. Diese Grundtechnik kann auch später, wenn komplexere Muster ausgeführt werden, weiter eingesetzt werden.

Bakushi und Ukete beginnen ein Gespräch, in dem Bakushi fragt und Ukete antwortet. Dadurch lässt sich gemeinsam die Shibari-Begegnung lenken.

Das sanfte Führen spielt eine grosse Rolle, denn wenn Bakushi mit zu viel Energie arbeitet, kann Ukete ihre Reaktion nicht entfalten.

Osada Steve zeigt das Aisatsu-Shibari, 2018 in der Harukumo-Juku
Osada Steve zeigt das Aisatsu-Shibari. Harukumo-Juku, 2018

Darum stehen Langsamkeit und Aufmerksamkeit im Vordergrund bei Aisatsu-Mustern. Das richtige Timing zu finden ist ebenfalls eine vorbereitende Übung für spätere, komplexere Muster.

Technisch liegt der Schwerpunkt auf einfachen Bremsen und das Seil muss noch nicht komplett verbraucht werden, so dass zum Beispiel kein Kazari notwendig ist. Die Konzentration liegt voll und ganz auf der Interaktion und darauf, ein Gefühl für das Seil und das Gegenüber zu entwickeln.

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